
Gesundheitsminister Spahn will Demenz besiegen. Und in der Zwischenzeit?
„Demenz ist so gut wie nicht behandelbar“. Das sagt jemand, der von Berufs wegen etwas davon verstehen muss: Gesundheitsminister Jens Spahn. Da er aber die Demenz als „eine der größten Geißeln der Menschheit“ ausgemacht hat, möchte er sie besiegen. Guter Plan. Wie sieht der Umsetzungsvorschlag des Gesundheitsministers aus? Er setzt auf die Pharmaindustrie und will ihr Anreize schaffen, indem er höhere Preise für neue Arzneimittel fordert. So hohe, dass es sich lohne, zu forschen.
Blöd nur, dass sich in letzter Zeit etliche Pharmafirmen aus der Alzheimer-Forschung verabschiedet haben: Eli Lilly, Biogen, Merck und zuletzt Pfizer. Die Begründung jeweils, jedenfalls offiziell, war nicht die zu erwartenden niedrigen Preise neuer Demenzmedikamente. Es ist vielmehr die Unklarheit über einen erfolgversprechenden wissenschaftlichen Weg und die Mechanismen der Krankheitsentstehung sowie das daraus resultierende Scheitern der bisherigen Ansätze.
Insofern könnte immerhin ein weiterer Vorschlag von Jens Spahn zielführend sein: die europaweite Bündelung der Kräfte durch die Zusammenführung und Auswertung der in den einzelnen Ländern vorhandenen Daten, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.
In der Zwischenzeit bleiben aber die drängendsten Probleme im Alltag von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen: Wo gibt es hilfreiche Beratung? Wo wirkliche Entlastung? Wie finden wir einen guten Pflegedienst? In Anbetracht des leer gefegten Markts für Pflegekräfte stellt sich immer öfter die Frage: Finden wir überhaupt einen? Längst gibt es Pflegedienste, die wegen Überlastung keine neuen Patienten mehr annehmen. Und schließlich: Gibt es ein Pflegeheim, in dem wir uns auf gute Versorgung verlassen können? Können wir uns das überhaupt leisten? Hier ist echter Handlungsbedarf.
Und was die Behandlung von Demenzerkrankungen angeht: Es empfiehlt sich ein Blick in die S3-Leitlinie, die den jeweils aktuellen Wissensstand mit Handlungsempfehlungen kombiniert. Siehe da: Man kann durchaus etwas tun, in der Milieugestaltung, bei der Ernährung, durch einen strukturierten Tagesablauf und – nicht zuletzt – durch psychosoziale Interventionen wie zum Beispiel die Beratung und Schulung der Angehörigen. Das ist der Weg, den auch die Malteser gehen. Damit lassen sich keine großen Siege erringen. Aber kleine Verbesserungen in der Lebenssituation von Menschen mit Demenz erreichen.
Hier finden sie die S3-Richtlinie als Download: MD1603_003_Leitlinien Empfehlungen_02